Manchmal arbeiten Menschen gleichzeitig an einer Lösung des gleichen Problems. So wurde das Telefon gleich vierfach erfunden, Philipp Reis, Antonio Meucci, Elisha Gray am Ende aber kassiert Alexander Graham Bell 1876 den Ruhm, das Patent wurde ihm zugeschrieben.
Ähnlich wie Reis, Meucci und Gray habe ich mich gefühlt, als mir jemand ein wichtiges Thema vor der Nase wegschnappte! Aber der Reihe nach:
Auf der Merkle CAE Solutions Blogliste steht schon länger das Thema „Pissoir“, da ich mir bereits länger die Frage gestellt habe, warum der Boden in der Herrentoilette des FCH nach der Halbzeitpause nur noch mit Gummistiefeln betreten werden sollte. Leider ist der Boden unter den Pissoirs nur in kroatischen 5-Sterne Campingplätzen sauber, da hier eine Putzfrau gefühlt nach jedem Besuch wischt. Ansonsten zieht sich das Problem seit der Erfindung des Pissoirs im Jahre 1882 wie eine nasse Spur durch die Menschheitsgeschichte.
Das Problem scheinen Hunde besser im Griff zu haben als ihre Herrchen, solange sie nicht in die Wohnung pinkeln. Vielleicht liegt es an den gekonnt eingestellten 30 Grad, vielleicht daran, dass sie selten auf einem gefliesten Boden pinkeln, sondern eher ins Gras.
Leider kam uns am 22. November 2022 bei der wissenschaftlichen Lösung dieses Problems die American Society bei ihrem 75. Jahrestreffen der Division of Fluid Dynamics mit einem Vortrag des Indiana Convention Center, Indianapolis mit dem Titel: „Splash-free Urinals Inspired by Nautilus Shells and Dogs“ zuvor.
Das Geo-Magazin hat das Thema gleich aufgegriffen und ebenfalls darüber berichtet.
Neben schönen wissenschaftlichen und nicht so ganz wissenschaftlichen Texten habe ich aber eines vermisst: Ein Simulationsvideo, welches die Physik auch dem Otto-Normalbürger zeigt und ihm hilft, es besser zu machen, ohne sich gleich ein 10.000 $ -16.000 $ teures Pissoir einzubauen (so viel kosten manche Designer-Pissoirs, wie das auf Bild 2). Hier ist Merkle CAE Solutions als Erste auf dem Markt, um diese Lücke ein für alle Mal zu schließen.
Da wir im prüden Deutschland sind, bitte ich jetzt alle zartbesaiteten Leser den Blogartikel sofort zu schließen. Denn im Folgenden werden Dinge gezeigt, die nicht jugendfrei sind, obwohl meines Wissens nach auch kleine Jungs schon im Stehen pinkeln.
Meinen Skatbrüdern habe ich im Vorfeld eines der ersten Videos gezeigt. Sie haben es mehrheitlich als geschmacklos bezeichnet. Umso mehr ein Ansporn für mich, da ich grundsätzlich nicht das tue, was sie für richtig halten. Vermutlich ist es da eher das schlechte Gewissen, dass bei älteren Herren das Thema tabuisiert.
Also bitte nur weiterlesen und vor allem schauen, wenn Sie starke Nerven haben. Leider habe ich in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen bei meinem BH-Blog gemacht, bei dem mir Effekthascherei und Sexismus vorgeworfen wurde. Und ich bin sehr sensibel!
Der Weg zum Video geht über die Simulation.
Für eine gute Simulation braucht man vernünftige Geometriedaten und physikalische Randbedingungen. Außerdem finde ich, sollte das Ganze gut aussehen. Die Männer aus den CAD-Tools finde ich eher realitätsfern und langweilig, außerdem kann man ja nicht den Wasserstrahl in der Luft ansetzen. Also muss definitiv ein Penis ran.
Mein Sohn Julian, der im Bereich Spieledesign tätig ist, versteht besser als jeder andere, wenn ich ihm beschreibe, was ich von ihm haben möchte. Sein erster Geometrievorschlag für den Protagonisten unseres Blogs hat meine hochgesteckten Anforderungen daher auf Anhieb erfüllt.
Um den älteren Herrschaften mit Schuldzuweisungen nicht zu nahe zu treten, haben wir einen Mann jüngeren bis mittleren Alters vor das Becken gestellt, dem man ansieht, dass er schon etwas getrunken hat. Schwankende Bewegungen haben wir aber außeracht gelassen.
Da Haare ein Simulationsmodell unnötig kompliziert machen, haben wir ihm einen glattrasierten Schädel verpasst. Dafür beachten Sie den Faltenwurf von Hemd und Hose, hier war ein Meister seines Fachs am Werk 😊!
Volumenstrom und Zeitverlauf des desselbigen lassen sich für die Simulation in medizinischen Fachzeitschriften finden. Auch wenn das Aussehen unseres Helden suspekt erscheinen mag, wir haben normale Bedingungen an der Quelle angesetzt. Ich kann Ihnen aber eines sicher verraten: Im Alter bzw. bei reduzierten Volumenströmen wird das Ergebnis auf dem Boden nicht besser.
Erste Strömungsuntersuchungen hat Carsten, der mich auf den Artikel bei der American Society aufmerksam gemacht hat, mit Star CCM+ durchgeführt, um Einflüsse wie Position, Volumenstrom und Strahlwinkel herauszuarbeiten. Wir befinden uns da auf gleichem Wissensniveau wie der Hund. 30 Grad zur Oberfläche ist schon nicht schlecht.
Die abschließenden Untersuchungen erfolgten dann von Oli in PreonLab.
Die Simulation erklärt einiges, auch das unsere Kleidung wohl einiges abbekommt, die Spritzer aber auf dem Boden nur zu gut erklärbar sind. Insbesondere am Ende des kleinen Geschäfts tropft es auf den Rand und kein Design der Welt rettet den Boden, wenn wir zu weit vom Becken weg stehen.
Das heißt aber nicht, dass das Design nicht ebenso eine gravierende Rolle spielt. Falls Sie hier Bedarf sehen und vielleicht sogar Urinalbecken bauen, Merkle CAE Solutions liefert Ihnen die nötigen Optimierungsgrundlagen.
Wir könnten nun diejenigen mit fundierten, simulativen Argumenten versorgen, die Stehpinkeln am heimischen WC kategorisch verbieten, ich glaube aber, dass die hier gezeigte CFD-Simulation notorischen Sitzpinkelverweigerern die Augen öffnen und in die Knie zwingen sollten.
Kommentar von Oli: Seit er die Simulationen durchgeführt hat, geht er am Pissoir näher ran. Sagt nicht schon der Volksmund: Gehe näher ran, er ist kürzer, als Du denkst!
In diesem Sinne hoffe ich, Sie hatten beim Lesen den gleichen Spaß wie ich beim Schreiben.
Ihr Stefan Merkle
PS: Die Musik im Video stammt von www.musicfox.com, die Geräusche von www.avosound.com.
Hier ein paar Links und Quellen zu dem Thema:
https://www.sciencenews.org/article/physics-improve-urinal-nautilus-shell
https://www.derstandard.de/story/2000141124106/die-wissenschaft-sucht-und-findet-das-perfekte-urinal
https://meetings.aps.org/Meeting/DFD22/Session/U12.8
https://www.clarkmade.com/urinals.htm
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Interessant wäre noch eine Auswertung über unterschiedliche Strahlwinkel, bis hin zur Tangentialstrahltechnik.
Und wann baut ihr der Lösung dazu?
Frau: Siehste, deswegen setz dich auf den Topf beim Pinkeln
Einer, der sich schon vor Jahren mit der Frage beschäftigt hat, war Luigi Colani. Er hat ein Urinal entwickelt, welches das Rückspritzen deutlich minimiert. Seine Ergebnisse gab/gibt es bei Villeroy & Boch.