Wie im Glossar-Beitrag zu FEM-Simulation und CFD-Simulation zu lesen ist, sind die Voraussetzungen relevant, wo oder wie ein Bauteil oder eine Baugruppe eingesetzt werden.
Während ein Tisch im Wesentlichen rein statischen Kräften ausgesetzt wird, sieht es bei einer Brücke schon anders aus.
Brücken müssen nicht nur ihr eigenes Gewicht und die durch Fahrzeuge und deren Manöver erzeugten Kräfte tragen, sondern sind auch Umweltbelastungen wie Windlasten, Schneelasten und Wasserlasten ausgesetzt.
Ein Paradebeispiel und Dauerbrenner für die Auswirkungen, die nicht berücksichtigte Einflüsse haben können, ist die Tacoma Narrows Bridge. Diese Brücke wurde bereits 1940 in “optimierter” Bauweise erstellt. Das heißt, sie war die bis dahin schlankeste Brücke ihrer Zeit im Verhältnis zu ihrer Größe. Bereits kurz nach ihrer Fertigstellung wurde festgestellt, dass sie unter bestimmten Windbedingungen unzulässig hohe Schwingungen zeigte.
Durch die geringere Steifigkeit und damit niedrigen Eigenfrequenzen führte eine bestimmte, längere Zeit konstante Windgeschwindigkeit dazu, dass die sich periodisch ablösenden Wirbel die Brücke in immer stärker Schwingung versetzte, bis es zuletzt zum Einsturz kam.
Diese Art der Wirbelentstehung bezeichnet man als Kármánsche Wirbelstraße. Trifft die Frequenz der sich ablösenden Wirbel eine Eigenfrequenz einer Brücke, so schaukelt sich diese Schwingungsform immer weiter auf, bis die Verformungen und Spannungen so hoch werden, dass es zu einem Versagen und damit zum Einsturz der Brücke kommt. Man spricht hier auch von Resonanzfrequenz.
Dies ist ein sehr anschauliches Beispiel, wann CFD-Simulationen bei Gebäuden sinnvoll zum Einsatz kommen können. Die CFD-Simulation ergibt hier zum einen aufgrund der Druckverteilung die resultierenden Windlasten, aber auch das dynamische, transiente Verhalten der Strömungslasten wieder, die auf die Struktur einwirken.
Die FEM oder FEA Simulation kann die Eigenfrequenzen der Struktur bestimmen, aber auch die statischen und dynamischen Belastungen der Struktur als Verformung, Spannung und Dehnung berechnen und mit zulässigen Werten vergleichen.
Ein anderes Beispiel, das uns allen noch in Erinnerung ist, ist das Zugunglück von Eschede.
Ein ICE, einer der damals modernsten Züge der Welt entgleist, weil ein Radreifen reißt.
Aber was genau war passiert?
Wir ersparen uns hier die Details des gesamten Unfallhergangs und beleuchten lediglich den aus FEM- und CFD-technischer Sicht relevanten Teil.
Die Strömungssimulation wird zur Erklärung des Schadens nicht benötigt. Es handelt sich hier um ein rein strukturmechanisches Problem, dass sich anhand von FEM bzw. FEA (Finite-Elemente-Analyse) berechnen lässt.
Der ICE Wilhem Conrad Röntgen war mit ca. 200km/h von München nach Hamburg unterwegs, als ein Radreifen riss und sich durch den Boden eines Waggons bohrte. Durch die Verkettung weiterer Umstände kam es hierbei zum größten Bahnunglück in der Deutschen Geschichte.
Seit 1992 wurde im Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr in Deutschland ein neuartiges Rad eingesetzt. Hierbei war auf das Rad ein Ring, ein sogenannter Radreifen, aufgesetzt. Dazwischen war eine 20mm dicke Schicht aus Hartgummi. Der Grund für die Entwicklung dieses Typs Rad war, dass sich die Kunden der Bahn seit längerem mehrfach über lautes Brummen und Vibrationen beschwert hatten. Außerdem konnten auch die Waggons durch die zunehmenden Vibrationen in Mitleidenschaft gezogen werden. Grund hierfür wiederum war das sogenannte Monoblock-Rad. Ein Rad, das aus einem Stück gefertigt war und durch eine zunehmende Abnutzung Vibrationen direkt an die Waggons übertrug.
Einer der bis Dato monierten Punkte der neuen Radreifen war, dass sie nicht genügend getestet gewesen sein sollen. Unter anderem nicht bis zur endgültigen Verschleißgrenze. (Quelle: Wikipedia)
Gummi ist zudem ein Werkstoff, dessen Eigenschaften hochgradig nichtlinear sind, mit der Temperatur stark schwanken und einem Alterungsprozess unterliegen.
Sowohl die Auswirkungen des Verschleißes als auch das Materialverhalten lassen sich über FEM-Berechnungen bereits im Vorfeld untersuchen.
Es gibt aber auch Themen, die reine CFD-Strömungsthemen sind. Z.B. lassen sich Überschwemmungen bei starken Regenfällen wie z.B. das Jahrhunderthochwasser im Ahrtal in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mit mehr als 180 Toten am 14. und 15. Juli 2021 bereits im Vorfeld simulieren. Sintflutartige Regenfälle mit 150 Liter Regen pro Quadratmeter hatten zu Überflutungen geführt, die ganze Landstriche verwüsteten.
Es sind leider immer wieder Katastrophen, die Entwicklungen vorantreiben, weil hier entweder die Notwendigkeit plötzlich steigt oder aber erst auf ein Problem aufmerksam gemacht wird. Wir sind heute im Bereich der Entwicklung und Prognosen des Verhaltens von Körpern unter Belastung, aber auch von Flutwellen und Tsunamis einen großen Schritt weiter und arbeiten daran, dass solche Katastrophen - zumindest aus technischem Hintergrund – so gut wie möglich verhindert werden.