Jede gute Hausfrau weiß, wie man die Reste der Suppe vom Schöpflöffel bekommt: man schlägt sie gegen den Suppentopf. Die Kartoffelstückchen lösen sich und fallen zurück in den Topf.
Wie reinigt man aber eine Gießpfanne von den Schlackeresten, auch Linsen genannt, bevor sie neu befüllt wird? Schließlich sollte die Schlacke ja nicht im neuen Gussstück landen. Zudem ist das gute Stück heiß und Topflappen in dieser Größe machen wenig Sinn.
Die Antwort ist: Genauso, aber mit Hilfe der Katze! Gemeint ist natürlich nicht der firmeneigene Kater, sondern die Laufkatze auf dem Kran, mit der die ca. 60 Tonnen schwere Pfanne am Seil bewegt wird. Kurze Bemerkung am Rande, die Katze selbst ist gerade mal 10 Tonnen leichter.
Durch ein geschicktes Manöver des Kranführers wird die Pfanne zum Pendeln gebracht und anschließend mit Schwung gegen eine an Ketten hängende Prallplatte gefahren. Je schneller, desto besser ist die Reinigung, aber auch umso größer sind die Belastungen auf Katze, Pfanne und Reinigungsstation, respektive den Stahlbau.
Da es sich um eine kurzzeitige, schockartige Belastung handelt, stößt eine analytische Berechnung der auftretenden Kräfte und die Fantasie des Konstrukteurs, wie er das berechnen soll, schnell an ihre Grenzen.
Ein klassischer Fall für eine explizite Finite-Elemente-Berechnung, bei der alle relevanten Faktoren einschließlich der Ausbreitung der Schockwelle durch den gesamten Stahlbau berechnet und bewertet werden können.
Werkstoffe haben zudem die Eigenheit, dass sie bei kurzzeitiger Beanspruchung höhere Spannungen ertragen. Man spricht hier von der sogenannten Dehnratenabhängigkeit.
Um also keinen Stahl für den Stahlbau zu verschwenden (obwohl man hier an der Quelle sitzt) und dennoch die Katze zu schonen, kann man hier einen guten Kompromiss finden, bei dem sowohl Kran, Katze, Pfanne und Stahlbau lange Zeit ihren Zweck erfüllen, als auch die Reinigung den Ansprüchen des Stahlkochs erfüllt. Was unseren Kunden interessiert, sind vor allem der Anlaufweg bei einer vorgegebenen Beschleunigung, was in etwa der Sprungkraft der Katze entspricht.
Interessant sind die Bewegungsmuster, die sich nach dem Aufprall ergeben. Der Kranhaken zeichnet filigrane, blumenförmige Muster in die Luft, die man in so einer rauen Umgebung gar nicht erwarten würde.
Vielleicht gibt Ihnen das Praxisbeispiel Denkanstöße zu Themen, die sie bisher gar nicht mit FEM-Berechnungen in Verbindung gebracht haben. Wir freuen uns auch auf Ihre speziellen Herausforderungen. Übrigens, auch das Schwappen der vollen Pfanne beim versehentlichen Aufprall am Gabelstapler oder das Absaugen von Staubpartikeln für absolute Sauberkeit ließe sich durchaus rechnerisch Abbilden. Sonst geht ja unsere CFD-Abteilung leer aus…
Der demolierte Gabelstapler dagegen ist wieder ein Strukturthema für die FEM.
Ihr Stefan Merkle
PS: Natürlich hätte ich auch ein Bild meines hauseigenen Katers nehmen können, der nimmt aber bei der Lautstärke in einer Gießerei sicher Reißaus (der Feigling!).
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